Geschichte(n) vom Förderverein Esche-Museum e.V.
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Wirkmaschinenfabrik Ernst Saupe Limbach
1863Am 01. November gründet Ernst Leberecht Saupe die erste deutsche Wirkmaschinenfabrik zur Herstellung von Kettenstühlen. Die Produktionsräume befinden sich in Limbach, Frohnaer Straße (heute Straße des Friedens).
Bild 1: Saupe-Kettenstuhl der zweiten Generation um 1873
Bild 1: Saupe-Kettenstuhl der zweiten Generation um 1873
Bild 2: Milanese-Kettenstuhl
Bild 2: Milanese-Kettenstuhl
Bild 3: Firmengelände um 1890
Bild 3: Firmengelände um 1890
Bild 4: Milanese-Kettenstuhl der zweiten Generation nach 1914
Bild 4: Milanese-Kettenstuhl der zweiten Generation nach 1914
Bild 5: Doppelkettenstuhl der ersten Generation
Bild 5: Doppelkettenstuhl der ersten Generation
Bild 6: Kettenstuhl SK20, Arbeitsbreite 180 Zoll S
Bild 6: Kettenstuhl SK20, Arbeitsbreite 180 Zoll S
Bild 7: Firmengelände, Bauzustand ab 1928
Bild 7: Firmengelände, Bauzustand ab 1928
Bild 8: Scherzeug für Teilkettbäume, Modell SG33
Bild 8: Scherzeug für Teilkettbäume, Modell SG33
Bild 9: Schnelläufer-Kettenstuhl SK38
Bild 9: Schnelläufer-Kettenstuhl SK38
Bild 10: Schnelläufer-Kettenstuhl SK38M
Bild 10: Schnelläufer-Kettenstuhl SK38M
Bild 11: Jacquard-Kettenstuhl
Bild 11: Jacquard-Kettenstuhl
Anfangs werden mechanische Kettenstühle gebaut, angetrieben durch Muskelkraft oder Transmission. Die nach dem Vorbild der Handkettenstühle konstruierten Maschinen haben horizontal angeordnete, nicht bewegte Spitzennadeln und zwei oder mehrere Legeschienen. Kettbäume und Gewirkeaufrollung befinden sich im unteren Maschinenbereich.
Schon nach kurzer Zeit wird an der Karlstraße (heute Sachsenstraße) eine stark vergrößerte Fabrikanlage errichtet.
Bei den verbesserten Kettenstühle der zweiten Generation sind bereits alle Bewegungen der Wirkwerkzeuge - Spitzennadeln, Presse, kombinierte Einschließ-/ Abschlagplatinen, Lochnadeln - von einer rotierenden Exzenterwelle gesteuert. Diese Kettenstühle arbeitet mit einer Wirkgeschwindigkeiten von etwa 30 bis 35 Maschenreihen pro Minute.
1873Weltausstellung in Wien: Auszeichnung des Saupe-Kettenstuhles mit einem Ehrendiplom
1880Beginn des Baus von Milanese-Kettenstühlen:
Die Erfindung für diese flache Bauart von Kettenstühlen - wegen des Fadenverlaufes auch „Diagonal-Kettenstuhl“ genannt - stammt aus England. Nach 3-jährigem Aufenthalt in England baut Theodor Bachmann in seiner kleinen Maschinenbau-Werkstatt in Limbach um 1878 den ersten deutschen Milanesestuhl. Mit Unterstützung von Prof. Willkomm beantragt Bachmann dafür am 30.10.1879 das Patent für Deutschland, das am 24.02.1880 vom Patentamt erteilt wird. Bachmann stirbt am 22.02.1880. Seine Erben verkaufen das Patent an die Firma Saupe, wo sofort mit dem Bau von Milanese-Kettenstühlen begonnen wird. Die bindungstechnisch neuartigen Milanese-Gewirke (Atlas ohne Umkehrreihen) eigneten sich besonders gut für die Herstellung der damals sehr gefragten „Stoffhandschuhe“.
1886-1888Projektierung und Durchführung von Fabrikerweiterungen (Bild 3)
1887Eigenproduktion von Milanese-Gewirken für die ortsansässige Textilindustrie, gleichzeitige Selbsttestung der technisch anspruchsvollen Milanese-Kettenstühle
Ernst Leberecht Saupe übergibt seinem Sohn Ernst Emil Saupe die Leitung des Unternehmens.
1890Im Unternehmen werden 27 Arbeiter beschäftigt. Mit einer 16 PS starken Dampfmaschine werden über die Transmission alle Bearbeitungsmaschinen in der Fabrik angetrieben.
1900-1920Entwicklung und Bau der nächsten Generation von Kettenstühlen. Die wichtigsten Veränderungen sind:
  • senkrecht angeordnete und senkrecht bewegte Spitzennadelbarre
  • nur noch horizontal bewegte Platinenbarre
  • Kettbäume oben und hinten im Maschinengestell, „zwangsläufige Kettfadenzusteuerung“
  • Aufrollung vor den Wirkwerkzeugen, am vorderen mittelhohen Maschinengestell
  • alle gleitenden Maschinenteile nunmehr aus gehärtetem Stahl
  • neues Mustergetriebe mit besonderer Musterräderlagerung und speziellem Antrieb
  • auf bis zu 180 Zoll sächsisch vergrößerte Arbeitsbreite
Im Ergebnis erhöht sich die Arbeitsgeschwindigkeit auf etwa das Doppelte und die Fehlerzahl im Gewirke ist stark reduziert.
1903-1919Die Zahl der Beschäftigten steigt von 50 auf etwa 100.
1911Das dreigeschossige Gebäude an der Querstraße wird errichtet.
1914wird auch der Milanese-Kettenstuhl weiterentwickelt.
Am 21.07. erhält die Firma ein Patent auf einen „Kettenstuhl zur Erzeugung doppelflächiger Ware“. Damit beginnt die sehr erfolgreiche Herstellung von Doppel-Kettenstühlen (Rechts/Rechts-Flachkettenwirkmaschinen), die vor allem für die Fertigung von sogenannten „Simplex“-Handschuhstoffen eingesetzt werden.
1920erreicht der Kettenstuhl SK20 mit 2 Legeschienen, Arbeitsbreite 180 Zoll sächsisch (4248 mm) bei der üblichen Bindungskombination Tuch-Trikot („Charmeuse“) eine Wirkgeschwindigkeit von etwa 90 Maschenreihen pro Minute.
Ab dem Typ SK20 werden die Maschinen als Schnellläufer-Kettenstühle bezeichnet.
1920-1925An den Kettenstühlen werden die Teilkettbäume eingeführt. Dazu entwickelt und baut die Firma ein „Scherzeug mit Spulenstock“, Modell SRE.
1927-1930Umbau und Erweiterung der Fabrik, u. a. auch Turm mit eingebautem Aufzug als neues Wahrzeichen der Firma
1930-1935Bau der weltweit führenden Schnelläufer-Kettenstühle Modell SK30 mit 2 oder 3 Legeschienen in den Arbeitsbreiten 90 Zoll sächsisch (2124 mm) bis 180 Zoll sächsisch (4248 mm) mit Transmissionsantrieb. Steigerung der Wirkgeschwindigkeit auf etwa 300 Maschenreihen pro Minute bei einer Arbeitsbreite von 90 Zoll sächsisch (2124 mm) und 2 Legeschienen.
1933Ernst Emil Saupe übergibt Georg Saupe die Leitung des Unternehmens.
1935-1938Die Schnelläufer-Kettenstühle vom Modell SK 35 mit weiter gesteigerten Wirkgeschwindigkeiten erreichen maximal 400 Maschenreihen pro Minute.
Das Scherzeug für Teilkettbäume wird zum Modell SG 33 - Universal-Scherzeug mit Spulengatter - weiterentwickelt. Es besitzt bereits Einzelantrieb.
1938Zum 75-jährigen Firmenjubiläum werden folgende Neukonstruktionen vorgestellt, die Weltspitze darstellen:
  • Schnelläufer-Kettenstuhl SK 38 mit wesentlich verstärktem Maschinengestell und maximalen Wirkgeschwindigkeiten von 500 Maschenreihen pro Minute
  • Schnelläufer-Kettenstuhl SK 38M mit Musterpresse und 3 Legeschienen zur Herstellung plastisch gemusterter Kettengewirke („Preßmuster“).
1938-1940Neuentwicklungen von technisch ausserordentlich anspruchsvollen Jacquard-Kettenstühlen (mit Einzelsteuerung der Lochnadeln in einer Legeschiene nach dem Verdränger-Prinzip) für feingemusterte Kettengewirke sowie von Spezial-Kettenstühlen für die Strumpfherstellung
1940Doppel-Kettenstuhl Modell D40 (Rechts/Rechts-Kettenwirkmaschine) mit höherer Wirkgeschwindigkeit und Legeschienen-Versatz bis zu 96 Nadelteilungen.
1937-1945Rüstungsproduktion, vor allem Granatenfertigung: Die Rüstungsproduktion beginnt mit etwa 50% der Betriebskapazität und wird bis 1945 systematisch gesteigert. Die Fertigung von Wirkmaschinen wird immer stärker reduziert, deren Weiterentwicklung völlig eingestellt. Zum Kriegsende zählt die Firma etwa 450 Beschäftigte.
1945-1946Da die Firma Saupe aktiv an der Rüstungsproduktion für das national-sozialistische Deutschland beteiligt war, wird der Betrieb ab Oktober 1945 auf Befehl der sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) demontiert. Alle Maschinen und Anlagen werden als Reparationsleistungen in die Sowjetunion abtransportiert, die Firma Ernst Saupe wird 1946 liquidiert.
1946Am 30.06. Volksentscheid in Sachsen - Enteignung von Betrieben. Landesverwaltung Sachsen Dresden - 27.07.1946 Nr. 18, S. 305 „Gesetz über die Übergabe von Betrieben von Kriegs- und Naziverbrechern in das Eigentum des Volkes“ vom 20.06.1946.
Auf dieser Basis wird der Firmeninhaber Georg Saupe auch von seinen Immobilien bzw. Grundstücken enteignet. Er flieht mit einigen seiner Mitarbeiter im Juni 1946 in die damalige amerikanische Besatzungszone nach Naila, Landkreis Hof - um gemeinsam mit dem Unternehmer Karl Liebrandt die weltbekannte Tradition der Saupe-Kettenwirktechnik fortzusetzen. Damit wird die von Karl Liebrandt 1945 gegründete LIBA-Maschinenfabrik GmbH in Naila der juristische Rechtsnachfolger der Wirkmaschinenfabrik Ernst Saupe, die auch die Urheberrechte von vielen Patenten und Gebrauchsmustern sowie die langjährigen Kundenkontakte übernimmt.
1947-1948Georg Saupe beteiligt sich in der LIBA-Maschinenfabrik an der Konstruktion des ersten LIBA-Kettenstuhls. Am 03.07.1947 verstirbt Georg Saupe.
1948wird in der LIBA-Maschinenfabrik der erste Kettenstuhl, eine optimierte SK 38, fertiggestellt.
Am 01.09. wird in Limbach der VEB Wirkmaschinenbau Limbach als örtliches Nachfolge-Unternehmen zur Herstellung von Kettenwirkmaschinen neu gegründet. Das leere Gebäude der ehemaligen Firma Saupe wird wieder zur Fertigung und Montage von Kettenwirkmaschinen eingerichtet.
VerfasserClaus Eger, Jürgen Lohr
Quellen
  • [1] Festschrift - 50 Jahre Stadt Limbach/Sachsen, 1933. Verlag F. C. Große, Limbach/Sa., 1933
  • [2] Limbacher Tageblatt 12. Juni 1933, Feier des 70jährigen Bestehens der Firma Ernst Saupe
  • [3] Mitteilungsblatt für die sächsischen Textilfachschulen und die Vereinigungen ehemaliger und aktiver sächsischer Textilfachschüler, amtliches Organ der Lehrmittelstelle für die sächsischen Textilfachschulen, Chemnitz/Sachsen, 15.10.1934, Nr. 20
  • [4] Limbacher Tageblatt 1. November 1938, Feier des 75jährigen Bestehens der Firma Ernst Saupe
  • [5] Limbacher Tageblatt 17./18. Dezember 1938, Dem Erbauer des ersten deutschen Milanesestuhles
  • [6] Fritzsching, P.: Die Einführung der Strumpfwirkerei in Limbach. Limbacher Tageblatt, 16.01.1941
  • [7] Landgraf, O.: Die Entwicklung der Wirkerei in Limbach in den letzten 75 Jahren, das ist nach der Gründung der Wirkschule (1869) und die erfolgreichen Nebenberufe zur Erzeugung gebrauchsfertiger Ware am eigenen Erleben berichtet von Otto Landgraf, Limbach/Sa., 1944
  • [8] Fritzsching, K.: Die Entwicklung der Textilindustrie in Limbach-Oberfrohna. Limbach-Oberfrohna, ca. 1950/51
  • [9] Firmenkunde Liba Maschinenfabrik, Zeitschrift Wirkerei- und Strickerei-Technik, Coburg, 1960, Nr.12, Seite 1641
  • [10] Strohbach, H.: Entwicklung der Textilindustrie in den vereinigten Ortschaften Limbach, Oberfrohna, Rußdorf, Limbach-Oberfrohna, ca. 1960 ff
  • [11] Förster, G.; Gottsmann, H.; Köchly, H.: Betriebschronik VEB Wirkmaschinenbau Limbach-Oberfrohna Teil 1: 1863 bis 1945/46, Ernst Saupe - anlässlich „30 Jahre DDR“, Limbach-Oberfrohna, 1979
  • [12] Ebersbach, C.; Fritzsche, G.: 1988 - 125 Jahre Textilmaschinen aus Limbach-Oberfrohna
  • [13] Otto, D.:. Textilmaschinenbau in Limbach-Oberfrohna von 1945 bis 1990, Betriebschronik. Limbach-Oberfrohna
  • [14] Eichler, A.: Bürgertum und Industrie im Limbacher Land, Miriquidi-Verlag, 1999
  • [15] Sammlungsbestand Esche-Museum Limbach-Oberfrohna
  • [16] www.liba.de
BilderSammlungsbestand Esche-Museum Limbach-Oberfrohna

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