Pleißaer Maschinenfabrik - Teil I Pleißaer Maschinenfabrik Rothe, Berthold & Thomä 1919 - 1972 |
1919 | Am 02.10. erfolgt die Gewerbeanmeldung der Pleißaer Maschinenfabrik durch Geschäftsführer Max Spitzbarth. Laut Vertrag vom 05.11. des gleichen Jahres errichten die Herren Max Spitzbarth, Oswald Berthold, Otto Dittrich, Linus Thomä und Richard Thomä mit einem Stammkapital von 50.000 Mark eine Gesellschaft unter der Firma Pleißaer Maschinenfabrik mit beschränkter Haftung. Standort ist Pleißa (heute Stadtteil von Limbach-Oberfrohna), Klausstraße 11. Firmengebäude sind das 1914 errichtete Wohnhaus und die gleichzeitig im Hof errichtete Werkstatt. Dieser Komplex wird unter der Leitung von Ingenieur (Architekt) Max Spitzbarth im Jahr 1921 durch Um- und Ausbau erweitert. | |
1920 | In einem Darlehensvertrag vom 04. März wird erstmalig Herr Erwin Rothe als Gesellschafter genannt. Im gleichen Jahr berichtet die „Deutsche Nähmaschinenzeitung“ dass die Pleißaer Maschinenfabrik eine zweifädige Überwendlich-Schnellnähmaschine System „Overlock“ eines nicht namentlich genannten amerikanischen Herstellers nachbaut und sowohl für die amerikanischen Originalmaschinen als auch für die eigenen Nachbauten identische Ersatzteile liefert. | |
1924 | Am 15. März scheidet Max Spitzbarth als Geschäftsführer aus. Der bisherige Prokurist, Kaufmann Erich Schoppe wird zum 01. April als Geschäftsführer berufen. Am 27.12. wird das Stammkapital der Firma auf 60.000 Reichsmark (Goldmark) umgestellt. Die Stammeinlage jedes Gesellschafters, Oswald Berthold, Otto Dittrich, Erwin Rothe, Linus Thomä und Richard Thomä, beträgt 12.000 RM. | |
1925 | Am 14. August wird Erich Schoppe per Kündigung zum 30. September als Geschäftsführer abberufen. Gleichzeitig erfolgt die einstimmige Wahl von Erwin Rothe, Oswald Berthold und Otto Dittrich als Geschäftsführer. | |
1933 | Am 14. Dezember kündigt Otto Dittrich seine Geschäftsführerschaft und übergibt seine Geschäftsanteile zu je 3000 RM an die übrigen vier Gesellschafter. Linus und Richard Thomä werden zu Geschäftsführern gewählt. | |
Laut Firmenwerbung von 1933 hat die Pleißaer Maschinenfabrik folgendes Fertigungsprogramm: | ||
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Zum Haupterzeugnis der Firma wird die dreifädige Interlockmaschine „Superior“, zunächst ein Nachbau der amerikanischen Singer, Klasse 81, (ebenso wie die Mauser, Typ JAB, MauserWerke A.G. Oberndorf/Neckar). Sie wird weiterentwickelt zu einer eigenständigen, qualitativ hochwertigen und bei Kunden gefragten Maschine. | ||
Die kleinen Nähmaschinenhersteller im Limbacher Raum arbeiten in den 1930er Jahren trotz Wettbewerb untereinander auch eng zusammen. Dies äußert sich unter anderem darin, dass Maschinen einer Firma unter dem Namen einer Partnerfirma verkauft werden. So kann jede der teilnehmenden Firmen mit eigenen und übernommenen Maschinen Komplettausrüstungen für Textilhersteller liefern. Es ist zu vermuten, dass alle Maschinen der Pleißaer Maschinenfabrik, „Overlock“, „Meteor“ und „Superior“ ebenfalls unter anderen Firmennamen verkauft werden. | ||
Typisch für das Erscheinungsbild der Pleißaer Maschinenfabrik als mittelständischer Familienbetrieb ist auch der Umstand, dass im Erdgeschoss des Vorderhauses das „Kontor“ untergebracht ist. Die Familien Rothe und Thomä wohnen in den beiden darüber liegenden Etagen. Das Fabrikgebäude ist unmittelbar an das Vorderhaus angebaut. | ||
1938 | Laut Karteifragebogen der Industrie- und Handelskammer Chemnitz beschäftigt die Firma am 01. März einen männlichen Angestellten, 14 Arbeiter und 5 Lehrlinge. Die Firma exportiert in verschiedene europäische Länder, sowie nach Indien und Australien. | |
Mutmaßlich Ende der 30er Jahre feiert die Firma die Fertigstellung der 5000sten Maschine. | ||
Im Verlauf des zweiten Weltkriegs wird die Firma zu Rüstungsproduktion gezwungen. Nach Erinnerungen eines ehemaligen Mitarbeiters sind es Ersatzteile für Unterseeboote. Andere Quellen berichten von Zulieferungen von Fahrzeugteilen an die Auto-Union Chemnitz. Es ist nicht bekannt, dass Fremd- oder Zwangsarbeiter zum Einsatz kamen. In dieser Periode sind überwiegend Frauen beschäftigt. | ||
1948 | Am 22. Februar übergibt Oswald Berthold alle Rechte und Pflichten eines Gesellschafters an seinen Sohn Martin Berthold. Herr Helmut Thomä, dem alle Erbanteile seines 1941 verstorbenen Vaters Linus Thomä übertragen wurden, wird ebenfalls zum Gesellschafter berufen. Gesellschafter sind jetzt die Herren Erwin Rothe, Martin Berthold, Helmut Thomä und Frau Alma Thomä, Witwe von Richard Thomä (verstorben am 24.02.1943). Laut Protokoll des Amtsgerichtes Limbach vom 16. April beträgt das Stammkapital der Gesellschaft 60.000 RM, ihr Reinvermögen 3.600 RM. | |
1949 | Am 19. Oktober beruft die Gesellschafterversammlung die Herren Martin Berthold und Helmut Thomä zu Geschäftsführern. | |
1953 | Am 30. September erlischt die Firma Pleißaer Maschinenfabrik GmbH und wird ab 01. Oktober als offene Handelsgesellschaft unter dem Namen Pleißaer Maschinenfabrik Rothe, Berthold & Thomä weitergeführt. Der Geschäftsbereich erweitert sich um den Kleinhandel mit Nähmaschinennadeln. Persönlich haftende Gesellschafter sind die Herren Erwin Rothe, Martin Berthold und Helmut Thomä. In der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg wird die Pleißaer Interlock „Superior“ zu großen Anteilen für den Export gebaut. Dennoch ist Preisbindung an die 1944 aktuellen Preise angeordnet. Auch eine konstruktive Überarbeitung (laut Angebotsprospekt vor 1967) kann diese Maßnahme nicht aufheben. | |
1959 | beschäftigt die Firma 45 Mitarbeiter/-innen. | |
1969 | Am 05. November feiert die Firma ihr 50jähriges Firmenjubiläum. | |
1972 | erlischt die Firma durch Verstaatlichung nach Ministerratsbeschluss vom 09. Februar 1972. | |
Verfasser | Frank Winter An dieser Stelle danke ich herzlich Frau Gisella Rothe für die Überlassung ihrer Dokumentensammlung zur Firma Pleißaer Maschinenfabrik Rothe, Berthold & Thomä. |
Quellen |
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Die Informationen zur Heimat- und Industriegeschichte der Region Limbach sind von Mitgliedern des Fördervereins gesammelt und für die Besucher des Esche-Museums aufbereitet worden. Das Internetangebot umfasst nur eine Auswahl von Beiträgen und soll Anregung sein, sich bei einem Besuch des Esche-Museums vor Ort eingehender zu informieren.
Hinweise und geeignete Dokumente zum angesprochenen Themenkreis nehmen wir jederzeit gern entgegen.