Geschichte(n) vom Förderverein Esche-Museum e.V.
Geschichte(n) vom Förderverein Esche-Museum e.V.
Trikotagenfabrik Louis Hermann Schaarschmidt
1854Louis Hermann Schaarschmidt, Sohn eines Chemnitzer Webers und Handelsmannes gründet eine Firma zur Herstellung von Textilien am Standort Chemnitzer Straße 6 in Limbach. Er gehört zu den Limbacher Firmengründern, die ihr Meisterrecht noch in der 1866 aufgelösten Strumpfwirkerinnung erwarben.
Bild 1: Louis H. Schaarschmidt (1822 - 1886)
Bild 1: Louis H. Schaarschmidt (1822 - 1886)
Bild 2: Ernst Paul Schaarschmidt (1858 -1920)
Bild 2: Ernst Paul Schaarschmidt (1858 -1920)
Bild 3: Max Arthur Schaarschmidt (1860 - 1931)
Bild 3: Max Arthur Schaarschmidt (1860 - 1931)
Bild 4: Warenzeichen und Firmenlogo
Bild 4: Warenzeichen und Firmenlogo
Bild 5: Erich Julius Hermann Schaarschmidt (1888 - 1945)
Bild 5: Erich Julius Hermann Schaarschmidt (1888 - 1945)
Bild 6: Herbert Arthur Schaarschmidt (1892 - 1968)
Bild 6: Herbert Arthur Schaarschmidt (1892 - 1968)
Bild 7: Bauzustand 1924, Ausschnitt aus einem Firmenbriefkopf
Bild 7: Bauzustand 1924, Ausschnitt aus einem Firmenbriefkopf
Bild 8: Fabrikerweiterung bis zur Marktstraße 1927
Bild 8: Fabrikerweiterung bis zur Marktstraße 1927
Bild 9 Gebäudezustand am 28.08.2010
Bild 9 Gebäudezustand am 28.08.2010
Bild 10: Werbefahrzeug für Damen-Sport- und Freizeitbekleidung, Anlass unbekannt
Bild 10:Werbefahrzeug für Damen-Sport- und Freizeitbekleidung, Anlass unbekannt
Bild 11: Firmenwerbung 1937
Bild 11: Firmenwerbung 1937
Bild 12: Villa Schaarschmidt, 2024 - Von der Wohnungsgenossenschaft Limbach-Oberfrohna eG denkmalschutzgerecht rekonstruiert und 2001 als Geschäftsstelle eingerichtet
Bild 12: Villa Schaarschmidt, 2024 - Von der Wohnungsgenossenschaft Limbach-Oberfrohna eG denkmalschutzgerecht rekonstruiert und 2001 als Geschäftsstelle eingerichtet
Bild 13: Doppelnähstation Saumaggregat, Einsatzort: Untertrikotagenfirma in Jahnsdorf
Bild 13: Doppelnähstation Saumaggregat, Einsatzort: Untertrikotagenfirma in Jahnsdorf
Bild 14: Zustand eines Arbeitsraumes nach jahrelangem Leerstand der Firma
Bild 14: Zustand eines Arbeitsraumes nach jahrelangem Leerstand der Firma
Bild 15: Tag der offenen Tür mit Werksverkauf
Bild 15: Tag der offenen Tür mit Werksverkauf
1856heiratet er die aus einer Strumpffabrikantenfamilie stammende Bertha Hortensia, geb. Schaarschmidt. Der Ehe entstammen drei Söhne: Hermann Maximilian (geb. 1856), als Kleinkind gestorben, Ernst Paul (geb. 1858) und Max Arthur (geb. 1860)
1867Die Firma Louis Hermann Schaarschmidt (LHS) gewinnt unter mehr als 1000 Aus-stellern den ersten Preis der Industrieausstellung in Chemnitz. Ausstellungsstücke sind Handschuhe, Handschuhfutter, Vigogne-Camisole (Unterhemden aus Mischgarn Schafwolle/ Baumwolle).
1880er JahreEin zweistöckiges Wohn- und Geschäftshaus mit rückwärtigen flügelartigen An-bauten für Produktionsräume entsteht (Bauunterlagen sind nicht mehr auffindbar).
1886Tod des Firmengründers. Die Söhne Ernst Paul und Max Arthur führen die Fabrik weiter. Im gleichen Jahr wird das Warenzeichen Halbmond und Stern, das zum Firmenlo-go und zum Symbol für den Export in den Orient wird, geschützt - der Legende nach aufgrund einer Erlaubnis des Sultans des Osmanischen Reiches. In den 80er Jahren wächst generell das Interesse der deutschen Wirtschaft an deutsch - osmanische Beziehungen. Der deutsche Binnenmarkt ist übersättigt und internationale Zollsperren erschweren den Export.
1888Die Firma LHS gewinnt den ersten Preis der internationalen Industrieausstellung Centennial Exhibition in Melbourne/Australien.
1890er JahreEs existiert eine betriebliche Krankenkasse.
Entwicklung der Beschäftigtenzahlen:
189483 Beschäftigte
1897133 Beschäftigte
1902 - 1934Die Beschäftigtenzahl wächst schwankend von 200 auf 522 Beschäftigte.
1920Niedrigste Beschäftigtenzahl: 154. Für die Zeit des Ersten Weltkrieges liegen keine Angaben vor.
1900Ein Neubau, bestehend aus Geschäftshaus, großem Fabrikgebäude mit Nebenge-lassen, Appretur- und Wäschereigebäude, Kessel- und Maschinenhaus wird aus-geführt.
1902Der Leipziger Architekt Max Fricke führt einen Erweiterungsbau aus.
1908Die Verwendung verschiedener Etiketten lässt auf Lohnarbeit für ausländische Firmen schließen.
1909Badebekleidung wird produziert.
1910er JahreAufnahme der Produktion kunstseidener Waren (Bembergseide ? von der Firma J.P. Bemberg, Wuppertal-Elberfeld, entwickelte Kupfer-Kunstseide) neben den Firmen Paul Stelzmann und Hermann Grobe.
1914 - 19181. Weltkrieg
1919Brand und Rekonstruktion des Dachstuhles des ersten Fabrikgebäudes.
1920Infolge des Todes Ernst Paul Schaarschmidts wird ein neuer Gesellschaftsvertrag abgeschlossen, der seine Neffen Erich zum Geschäftsführer und Herbert zum Prokuristen ernennt. Die Firma wird von einer Offenen Handelsgesellschaft (OHG) in eine GmbH umgewandelt.
1922Das alte Kesselhaus wird abgerissen. Ein neues mit einer leistungsfähigeren An-lage und dem charakteristischen hohen Schornstein zur Vermeidung hoher Luft-verschmutzung wird gebaut.
1924Zwei Beschäftigte erhalten nach 25jähriger Betriebszugehörigkeit die Ehrenur-kunde der Chemnitzer Handelskammer.
1927In Rübenau (Erzgeb.) und in Bad Lausick werden Filialen, in denen konfektioniert wird, eröffnet. Wäscherei- und Appreturgebäude in Limbach werden abgerissen und das Haupt-gebäude bis zur Marktstraße erweitert. Der Bau des Turmes mit Firmenlogo auf der Spitze erfolgt.
1928Das Hauptgebäude mit seiner Klinkerfassade erhält sein heutiges Aussehen. Neben der eigenen erfolgt Auftragsproduktion für Handelspartner unter fremden Namen.
1930Es wird an der Chemnitzer Straße für die Belegschaft ein Park angelegt.
1931Die Firma erweitert ihr Parkgrundstück an der Feldstraße (heute Albert-Einstein-Straße).
1933Ab diesem Jahr exportiert die Firma LHS in folgende Länder: Belgien, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Island, Irland, Italien, Lettland, Luxemburg, Malta, Niederlande, Norwegen, Slowakei, Schweden, Schweiz, Spa-nien (Gibraltar), Ungarn, UK, Irak, Libanon, Palästina, Syrien, Türkei, Ägypten, Ma-rokko, Tunesien, Südafrika, USA, Brasilien, Chile, Mexiko, Peru, Venezuela, Chi-na, Indien, Java. Oftmals werden Verbindungen zu gleichen Firmen, auch mit Unterbrechungen, über 20 Jahre hinweg unterhalten.
1935Am 12. 11. dieses Jahres wird das Warenzeichen "Scharli" eingetragen: "Herstellung und Vertrieb von Trikotagen aller Art, Strumpfwaren, Handschuhen, Wirk- und Webstoffen [.] Bekleidungsstücke; Leibwäsche, gestrickte oder gewirkte Herren- Damen- und Kinderunterwäsche; Sportbekleidung; Jumper; Strickwesten; Badeanzüge; Badewäsche; Pyjamas; Morgenröcke; Hausanzüge; Trikots für Artis-ten und Tänzerinnen; Strümpfe und Socken aus Baumwolle, Wolle, Kunstseide, Seide und aus diesen Materialien bestehenden Fasermischungen.
1935 - 1937Für die Jahre stiftet die Firma einen Wanderpreis für einen Laufverein.
1935 - 1936Bau der Villa Schaarschmidt auf dem 1931 erweiterten Grundstück an der Feld-straße 18, (heute Professor-Willkomm-Straße 19).
1936Ab diesem Jahr bis Ende des Krieges werden Wehrmachtsaufträge ausgeführt, u.a. Pulversäckchen.
1937Verarbeitung von Acetat-Kunstseide beginnt.
1939 - 1943Erich Schaarschmidt ist als Schatzmeister der "Fachgruppe Wirkerei und Stricke-rei", einer Teilgruppe der Reichsgruppe Industrie, tätig.
1939 - 19452. Weltkrieg
1941Die Firma gründet eine Wohlfahrts- und Unterstützungskasse für Mitarbeitende. Kauf der Immobilie Wasserstraße 4 und eines Grundstückes in Pleißa.
1942In die untere Etage des Fabrikgebäudes wird eine Werksküche eingebaut.
1943Die Mitarbeiterzahl der Firma ist auf 370 Personen geschrumpft, darunter sind fünf Kriegsgefangene. Sie wird von "Betriebsumsetzungen" verschont, weil sie kriegs-wichtige Erzeugnisse fertigt. (Kartuschenbeutel, Unterwäsche für die Wehrmacht). Zur Erklärung: Firmen mit mehr als 100 und Handwerksbetriebe mit mehr als 50 Beschäftigten nichtkriegswichtiger Fertigung werden zusammengelegt, an kriegs-wichtige Firmen angeschlossen oder deren Personal umgesetzt.
1945Tod Erich Schaarschmidts, sein Bruder Herbert übernimmt die Firmenleitung.
1946Der Betrieb wird durch die UdSSR vollständig demontiert. Durch Zurückholen alter Maschinen aus den Außenstellen Bad Lausick und Rübenau kann die Produktion wieder aufgenommen werden. Das Villengrundstück Herbert Schaarschmidts (Feldstraße 18, heute Professor-Willkomm-Straße 19) wird zwecks Einrichtung eines Kinderheimes beschlag-nahmt.
1947Die Produktion läuft stockend wieder an. Auch in den Folgejahren sind die Umsät-ze schlecht (1950 oft Stundung von Steuern).

Seit vor 1933 beschäftigte die Firma zu 90% jüdische Vertreter, von denen die letzten 1940 auf Grund von Mahnungen und Drohungen der NSDAP,- z. B. Entzug der Be-triebszulassung -, entlassen werden mussten. Familie Schaarschmidt leistete, auch mit Wissen und Hilfe des Prokuristen Richard Löwe, der nach eigener Aussage seit 1933 NSDAP-Mitglied war, Hilfe bei der Auswanderung aus Deutschland. Laut eigener Erklärung war Herbert S. kein aktives Mitglied der DAF (Deutsche Arbeits-front) oder der NSDAP. Sollte er in einer Mitgliedsliste auftauchen, könne er sich das nur so erklären, dass Beiträge gefordert und gezahlt wurden und er in die Liste der Anwärter aufgenommen wurde. Laut Aussage von Herbert S. zahlte Erich S. privat eine namhafte Summe an die NSDAP, um Stadtrat Weinhold aus finanziellen Problemen zu helfen.
1948Herbert S. scheidet wegen Entnazifizierung aus der Firma aus. Die Geschäftsfüh-rung übernehmen die Prokuristen Richard Löwe und Fritz Fritzsching.
1949Beginn eines Gerichtsprozesses gegen die Gesellschafterin Hilde Müller (Tochter Paul Schaarschmidts). Sie wurde als Naziaktivistin, Denunziantin, Nutznießerin am Naziregime zu einer Gefängnisstrafe von 15 Monaten und Einzug ihres ge-samten Vermögens verurteilt. Frau Müller war nicht Mitglied der NSDAP.
1951Die Belegschaftsstärke beträgt 203 Mitarbeiter. Sie pendelt bis 1954 zwischen 200 und 240.
1953Ehemalige Partner fragen nach Wiederaufnahme der Geschäftsbeziehungen. Die Firma hat über 80 Jahre Exporterfahrung. Exporte in die UdSSR, Polen, Dänemark , sowie Interzonengeschäfte laufen an.
1954Die Firma wird teilverstaatlicht und von einer GmbH in "Louis H. Schaarschmidt KG" umgewandelt. Gesellschafter sind: Herbert Schaarschmidt (Geschäftsführung, wieder eingesetzt), Hertha Funk (geb. Schaarschmidt), Anni Schaarschmidt (geb. Philipp), Erica Richter (geb. Schaarschmidt), Traut Lindemann (geb. Schaarschmidt), Kommanditistin: Deutsche Investitionsbank als Rechtsträger der Anteile der ehemaligen Gesellschafterin Hilde Müller (mit 25%)
1956Der Mitarbeiter Herr Blechschmidt, reist nach Hamburg und Berlin. Geschäfte mit westdeutschen Großfirmen (z.B. Phoenix-Gummiwerke, Kaufhaus Hertie) werden abgeschlossen. Exporte nach Island und Kuwait laufen an. Über die jeweiligen DDR-Vertretungen in China und Indien wird der Export vorbe-reitet.
1958Tod Herbert Schaarschmidts. Die Leitung der Firma geht auf die Prokuristen. Richard Löwe und Fritz Fritzsching über. Die Geschäfte mit westdeutschen Kauf- und Versandhäusern (Kaufhof, Schicke-danz, Hertie) werden erweitert. Die Firma LHS gehört als halbstaatlicher Betrieb zur VVB Trikotagen und Strümpfe (VVB: Vereinigung volkseigener Betriebe). Die angeschlossenen Firmen sollen aus einem gemeinsamen Musterpool ihre Fertigung auswählen. Aus dem Schrift-verkehr mit Behörden und Firmen ergibt sich die Betonung der Exporttätigkeit.
1960Aus Gründen der Standsicherheit muss das Firmensymbol Halbmond und Stern vom Dach des Fabrikturmes abgenommen werden. Ab den 60er Jahren ist Herr Rudolf Arnold als Geschäftsführer eingesetzt.
1962Der Export erfolgt nur noch über die staatliche Textil-Außenhandelsgesellschaft der DDR "WIRATEX" in die BRD, nach Malta, Polen, Schweden, Niederlande.
1964Einkäufe werden nur noch im DDR-Gebiet getätigt. In der Firma arbeiten ca. 200 Beschäftigte, davon 80% Frauen, jeweils zur Hälfte in der Fertigung von Wirk- und Strickstoffen und in der Konfektion. Seit Jahren wird der Plan erfüllt.
1965Haupterzeugnisse sind Untertrikotagen für Damen und Mädchen: Damen- und Mädchengarnituren, Damen- Schlafanzüge und Nachthemden, Kinder- Schlafan-züge und Nachthemden, Gesundheitswäsche
1969Herr Blechschmidt übernimmt nach Tod des bisherigen Direktors Arnold kommis-sarisch dieses Amt. Er beklagt sich über mangelnde Unterstützung durch BGL (Be-triebs-Gewerkschaftsleitung) und BPO (Betriebs-Parteiorganisation der SED), lobt aber die guten Leistungen der Produktionsarbeiter, so dass der Plan erfüllt wurde und Prämienzahlungen möglich wurden. Der Export in das "Nichtsozialistische Wirtschaftssystem" (NSW) ist höher als in die sozialistischen Länder. Der Durchschnittsstundenlohn liegt bei 2,66 Mark. Insgesamt werden 53 verschiedene Artikel produziert. Die Firma bemüht sich um Artikelreduzierung und Exportspezialisierung.
197217. April: Die Familie Schaarschmidt wird enteignet, die Firma in Volkseigentum übernommen (verstaatlicht) und umbenannt in VEB Untertrikotagen Artiseda und als selbständiger VEB weitergeführt. Übergeordnetes Organ bleibt die VVB Trikotagen und Strümpfe. Geschäftsführer wird Herr Heinz Richter.
Was versteht man unter dem Begriff "Verstaatlichung 1972 in der DDR"?
  • Enteignung von Grund und Boden, Gebäuden, Maschinen und Anlagen, Umlaufmittel.
  • Private Einlagen (Betriebskapital) werden auf ein Sperrkonto der Staatsbank der DDR zinslos deponiert. Hiervon darf der Betroffene jährlich einen staatlich festgelegten Betrag zum privaten Gebrauch abheben.
Das Warenzeichen ARTISEDA wird hauptsächlich weiterverwendet.
1975beginnend bis 1979 werden dem VEB Untertrikotagen Artiseda zehn weitere volkseigene Trikotagenfirmen angeschlossen, so dass die Produktionsstätten auf das ganze Stadtgebiet und auf Nachbarorte verteilt sind. Ziel ist die Bildung eines Territorialen Produktionszentrums. Bei Gründung des selbständigen VEB hatte dieser 170 Arbeitskräfte, nach den Betriebsangliederungen sind es 813 Personen. In allen zusammengeschlossenen Betrieben dominieren ein überalterter Maschi-nenbestand und Arbeitskräftemangel. Durch organisatorische Maßnahmen, wie Zentralisierung der Produktion, Zweischichtsystem, Sonderschichten, Reduktion der Artikelvielfalt, Erfahrungsaustausch und Ersatz veralteter durch moderne Ma-schinen - auch aus dem nichtsozialistischen Wirtschaftsgebiet (NSW) - können auf Dauer gesehen die Produktionspläne erfüllt und der Export abgesichert werden. Wichtigste Handelspartner im NSW sind Bundesrepublik Deutschland, Schweden, Norwegen, Finnland, Dänemark, Österreich, im SW sind es die UdSSR, Ungarn und Polen. Geschäftsführer wird Herr Eberhard Friese.
1979Geschäftsführer wird Herr Görz. Der VEB Artiseda wird in den VEB Kombinat Trikotagen Karl-Marx-Stadt eingeglie-dert, dem insgesamt 158 Betriebe angehören. (Die VVB Trikotagen und Strümpfe wurde aufgeteilt in das Kombinat Trikotagen und das Kombinat Strümpfe.)
1980Paten aus der Verwaltung werden in Produktionsbrigaden eingeführt, um monatli-che Rechenschaft über die Planerfüllung zu geben und politische Ereignisse zu erläutern. Geschäftsführer wird Herr Manfred Schwotzer.
1982Weitere sechs Trikotagenfirmen werden angegliedert. Einsatz von Robotertechnik, Mikroelektronik, Spulautomaten und automatisierter Nähtechnik, wie die Doppelnähstation-Saumaggregat (Hier beschickt die Näherin eine Maschine, während die andere automatisch näht), helfen die Produktion zu steigern.
1983Im Gebäude Marktsteig 3 wird eine physiotherapeutische Station eingerichtet, um Muskel- und Skeletterkrankungen der Belegschaftsangehörigen entgegenzuwirken. Die Firma nimmt am Festumzug zum 100jährigen Stadtjubiläum teil. Im Verlauf des Jahres verlassen 50 Arbeitskräfte die Firma: Frau Haag beginnt ihre Beschäftigung als Personal-Sachbearbeiterin
1984Dr. Hans Kuhn beginnt seine Tätigkeit in der Firma. 49 vietnamesische Vertrags-Arbeitskräfte beginnen ebenfalls ihre Tätigkeit. Sie werden in einem bestehenden Wohnblock in der Talstraße untergebracht. Pro Person stehen 6m2 Wohnfläche zur Verfügung. Der Einsatz soll auf vier Jahre be-grenzt werden. Integration in die DDR-Bevölkerung ist nicht vorgesehen.
1987Direktor wird Dr. Hans Kuhn. Der Bau eines Zentralversandes beginnt. Der Geschäftsbericht weist Nichterfüllung des Produktionsplanes und Überschreitung der Plankosten aus. Ursachen sind Einsatz qualitativ mangelhafter syrischer Baumwolle, schlechte Garnqualität, ma-schinenbedingte Qualitätsverluste, materialbedingte Technologieänderungen bei Veredlern, Qualitätsverluste auch hier. Sortimentsänderungen wirken sich negativ auf den Produktionsverbrauch aus. Der Handel mit dem NSW unterliegt starken Schwankungen. Der Gesamtbetrieb hat nach Einstellung von 49 Vietnamesen, 54 Neueinstellun-gen, 91 Abgängen insgesamt 743 Arbeitskräfte, davon sind 25% Rentner und Vorrentner. Im gleichen Jahr werden weitere 300 vietnamesische Arbeitskräfte eingestellt, für die in der Professor-Willkomm-Straße ein Wohnheim gebaut wurde. Alle Vietna-mesen erhalten Deutschunterricht und umfassende Ausbildung für den Einsatz in der Produktion. In den Wohnheimen gibt es schwierige hygienische Bedingungen. Lebensmittel werden nicht korrekt gelagert und später entsorgt. In den Sanitäranlagen werden Kleintiere geschlachtet, Schlachtabfälle in den Abflussleitungen entsorgt, was oft zu Verstopfungen der Leitungen führt. Sehr schwierig gestaltet sich nach Vertragsende die Rückführung der vietnamesi-schen Arbeitskräfte in ihre Heimat. Es werden 11 Ferienobjekte unterhalten: 5 firmeneigene Wohnwagen und Bunga-lows sowie 6 gemietete Betriebs- und Kinderferienlager.
1990Am 01.07. tritt das Treuhandgesetz in Kraft. Mit der Währungs- Wirtschafts- .und Sozialunion wird die D-Mark eingeführt.^Frau Haag wird als Leiterin Personalwesen eingesetzt. Die Firma wird als Artiseda-Trikotagen-GmbH mit der Treuhandanstalt als alleini-ger Gesellschafterin weitergeführt. Sie umfasst 12 Produktionsstätten in 16 Ge-bäuden. Hauptabnehmer sind der Binnenhandel, die UdSSR, Polen, Finnland. Bei 887 Mitarbeitern (712 Produktionsarbeiter, 175 Verwaltung / Sonstige) sind 103 Entlassungen geplant. Das Produktionsvolumen und die Artikelvielfalt werden eingeschränkt auf Er-zeugnisse gehobenen Genres. Stapel- und Standarderzeugnisse werden durch Importe aus Billiglohnländern vom Markt verdrängt. Lohnarbeit wäre möglich, aber westdeutsche Unternehmer erwarten zu niedrige Preise. Die Konkurrenz aus Bil-liglohnländern ist zu groß. In den alten Bundesländern kann oft nicht kostende-ckend verkauft werden. Fünf Grundstücke in Burgstädt, Kaufungen, Grüna und Chemnitz werden abgegeben.
1991Die Eröffnung des Artiseda-Einkaufscenter ermöglicht Gewerbetreibenden und Händlern Direkteinkauf.
1992Reprivatisierung der Firma Artiseda-Trikotagen-GmbH per Management-buy-out durch Direktor Dr. Hans Kuhn. Um die entsprechenden Arbeitsplätze zu erhalten, verselbständigt sich das Kü-chenpersonal unter dem Firmenamen "ARTISEDA Partyservice GmbH. Im bishe-rigen Speiseraum und über zwei zu Verkaufswagen umgebaute Wohnwagen werden Handwerker und Beschäftigte aus Firmen ohne eigene Pausenversor-gung in Limbach-Oberfrohna und im entstehenden Chemnitz-Center versorgt. Ge-schäftsführerin wird die bisherige Leiterin für "Kultur und Soziales", Frau Thierfel-der. 1995 muss diese Firmierung aufgelöst werden, weil andere Versorgungs- und Gastronomiefirmen entstehen und starke Konkurrenz bilden. Die Arbeitsplätze ent-fallen, auch der von Frau Thierfelder nach über 30 Jahren Firmenzugehörigkeit
1993Neugründung der Artiseda Produktions- und Handels GmbH. Beim Manage-ment-Buy-Out 1992 fungieren die Kuhn's als GbR, die Gebäude und Anlagen an die Artiseda GmbH verpachtet. Der Verkauf der Erzeugnisse wird erweitert auf Versandhäuser (Neckermann, Tengelmann.) Weiterhin wird hochwertige Tages-und Nachtwäsche sowie Freizeit- und Sportbe-kleidung für Sommer und Winter entsprechend aktuellen Trends gefertigt. Die Zahl der Beschäftigten ist auf 216 gesunken. Zielstellung ist, für das laufende Jahr einen Umsatz von 9 Mill. DM zu erreichen.
1994Der Jahresumsatz sinkt auf unter 10 Mill. DM bei 100 - 200 Mitarbeitern. Der Ex-portanteil liegt bei 20%. Schwerpunkte sind Holland, England, Österreich, Schweiz, Regelmäßig werden die Firmen Neckermann, C&A, Beate Uhse beliefert. Vor Insolvenz verkauft Dr. Kuhn die Firma Artiseda Produktions- und Handels-GmbH an eine Unternehmensberaterfirma, die 190 Mitarbeiter entlässt und Kon-kurs anmeldet. Die Gesamtvollstreckung erfolgt. Dr. Kuhn will sich durch den Verkauf die Möglichkeit für eine neue Firma erhalten. Es gibt aber Probleme wegen komplizierter Eigentumsverhältnisse. Mit Konkurs bleibt kaum verwertbares Vermögen bei Artiseda GmbH, zumal die wichtigsten Forderungen an die spätere Arosa GmbH verkauft werden. Dieses Geld fehlt der Artiseda GmbH zur Deckung der Schulden.
1995Aus Artiseda Produktions- und Handels-GmbH gehen Artiseda Design und Arosa Textil GmbH hervor. Letztere führt Verträge und Kollektionen mit gleichen Maschi-nen und in gleichen Räumen, die ebenfalls von der Kuhn GbR gemietet sind, fort, ohne alte Schulden und mit nur noch 40 Mitarbeitern. Alte Ware wird beim Kon-kurs gegenüber der neuen Firma nicht abgegrenzt.
1998Letzte Erwähnung der Firma Arosa. Die Produktion wird eingestellt. Das Objekt steht die nächsten 20 Jahre ungenutzt und es ist ungenügend gegen Einbruch und Vandalismus gesichert. Verwaltet wird es durch die Sparkasse Chemnitz und später durch die Stadtverwaltung Limbach-Oberfrohna. Die Folge sind Einbrüche, Diebstähle, Vandalismus.
2018Das Ehepaar Wrzal ersteigert die Fabrikanlage mit der Absicht, eine christlich ge-prägte Schule im Hauptgebäude einzurichten.
2019Nach ersten Sicherungs- und Aufräumarbeiten organisieren sie am 23. März ei-nen Tag der offenen Tür zur Besichtigung des Gebäudes und zum Werksverkauf noch vorhandener Erzeugnisse
2023Am 28. August wird in dem rekonstruierten und neu ausgebauten Hauptgebäude das neue Schuljahr der im August 2019 ge-gründeten FELS-Schule (Freies Evangelisches Limbacher Schulzentrum) eröffnet. Diese Schule war bis dahin in der Wasserturmschule provisorisch unterge-bracht
Firmenlogo und Warenzeichen:
  • Halbmond und Stern seit 1886 ist von allen das Wichtigste
  • Artiseda vermutlich seit 1933, Markenname für kunstseidene Unterwäsche, später Firmenname
  • Scharli seit 1935
  • Schaarschmidt + Limbach seit 1935 für Unterwäsche für Damen, Herren und Kinder
  • L.H.S.: Interlockware, Feingerippte Unterwäsche
  • Libelle: Sportjacken, Nachtwäsche; Bade- und Strandbekleidung
AutorWinter, Frank
Besonders danke ich Frau Elisabeth Meißner für die Bereitstellung ihrer Bachelorarbeit als Grundlage für die vorliegende Arbeit. Weiterhin danke ich Frau Silke Wrzal für ihre Unterstützung der Arbeit, dem Ehepaar Annette und Harald Richter für die Bereitstellung von Fotos und Korrekturlesen und den Frauen Anita Haag und Annelie Thierfelder für ihre ergänzenden Be-richte zum Geschehen in der Firma "Artiseda".
QuellenMeißner, Elisabeth
Bachelorarbeit: "Artiseda", in Limbach-Oberfrohna: Erschließung des Bestandes der ehemaligen Firma Louis H. Schaarschmidt und ihrer Nachfolgeunternehmen, 2020 "Firmengeschichte L.H. Schaarschmidt" (Ergänzende Faktensammlung zu genannter Bachelorarbeit, unveröffentlicht)

Gesprächsprotokoll mit Frau Anita Haag, Sachbearbeiterin / Leiterin Personalwesen und Frau Annelie Thierfelder, Sachbearbeiterin / Leiterin Kultur und Soziales (unveröffentlicht)
Bilder1,4,5,6,10,11: Bachelorarbeit Meißner, Elisabeth
2,8,11,14,15: Frank Winter
3,7,9: Privat
13 VEB Ingenieurbüro Trikotagen, Limbach-Oberfrohna

Die Informationen zur Heimat- und Industriegeschichte der Region Limbach sind von Mitgliedern des Fördervereins gesammelt und für die Besucher des Esche-Museums aufbereitet worden. Das Internetangebot umfasst nur eine Auswahl von Beiträgen und soll Anregung sein, sich bei einem Besuch des Esche-Museums vor Ort eingehender zu informieren.

Hinweise und geeignete Dokumente zum angesprochenen Themenkreis nehmen wir jederzeit gern entgegen.

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